Thomas Klöck ist Erzieher in der Kleinstgruppe Leichlingen, begleitet junge Menschen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Dabei nutzt er das, was zu seiner Passion geworden ist: Origami. Er hat die japanische Faltkunst vor 25 Jahren für sich entdeckt und es zu beachtlicher Meisterschaft gebracht. Er falte in jeder Lebenssituation, erklärt der 46-Jährige. Denn es entspanne und helfe bei der Konzentration. Diese Erkenntnis gibt er gerne weiter. Bei den Sommerfesten der Jugendhilfe tat er das in besonderer Weise.
Bei den Sommerfesten 2025 der Jugendhilfe der Graf Recke Stiftung war Thomas Klöck in seinem Element. 1000 Kraniche hat der Erzieher aus der Kleinstgruppe Leichlingen damals gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen, mit Mitarbeitenden und Gästen aus Papier gefaltet, 547 Kraniche in Düsseldorf-Wittlaer, 453 in Hilden. „Das war ein Meilenstein für mich, sowas umsetzen zu dürfen“, sagt er. Und das aus gleich zwei Gründen: Seine Passion an andere weiterzugeben war das eine, zugleich für Kinder- und Jugendrechte einzustehen, der zweite Aspekt. „Denn wer 1000 Kraniche faltet, hat laut japanischer Legende einen Wunsch bei den Göttern frei. Das hat dann auch den Kinder- und Jugendrat überzeugt, mit dem ich das gemeinsam organisiert habe“, erzählt er und lacht.

Wie viele Kraniche er in den vergangenen 25 Jahren bereits selbst gefaltet hat, kann Thomas Klöck gar nicht sagen. Sicher ist lediglich, dass er einst als Zivildienstleistender im Kinderhaus Langenfeld seinen Schützlingen etwas Neues bieten wollte – und sich ein Buch über Origami, die jahrhundertealte japanische Faltkunst, besorgt hat. „Ich hatte schon immer ein Japan-Faible“, erklärt er seine Wahl, die sein Leben nachhaltig prägen sollte. Denn nicht nur die Kinder hatten ihren Spaß, er selbst wurde zum allergrößten Fan. „Die Faszination kam durchs Falten selbst. Ich habe festgestellt, dass es mich beruhigt und mir hilft, die Konzentration zu halten.“ Aus Thomas Klöck wurde der „Origami-Mann“.
Teil eines weltweiten Netzwerks
So nennt sich der 46-Jährige mittlerweile selbst, es steht auf seinem Cappy und auf seinem Kapuzenpulli. Den Titel hätten ihm andere verliehen („Guck, da kommt wieder der Origami-Mann“), doch Klöck ist längst auch im Netz als solcher bekannt, wo er über Instagram, Facebook und YouTube mit Origami-Fans aus aller Welt in Kontakt steht. „Es ist eine kleine und recht verstreute Community“, sagt er. Was ihn aber wirklich begeistere, dass er auch im echten Leben durch Origami Leute kennenlerne, ob in der Bahn oder beim Tanzen. Denn Thomas Klöck faltet nach eigenem Bekunden tatsächlich „in jeder Lebenssituation“. Auch heute, während des Interviews im Café, entstehen ganz nebenbei ein einfacher Drache und eine Blume, die er selbst entworfen hat, und die später die Flasche vor sich zieren wird.
Andere Dinge sind komplexer, der Darkness Dragon zum Beispiel. Auf diesen sei er durch ein Video von Tadashi Mori gestoßen, ein Vorbild für ihn. „Es war mein erster Drache überhaupt. Da sitzt man dann Stunden an einem einzigen Blatt Papier.“ Für neue Objekte müsse man Zeit investieren. Den noch komplexeren Ancient Dragon etwa faltet Klöck derzeit zum zweiten Mal, am ersten Exemplar saß er insgesamt zwei Wochen. Doch das schreckt ihn nicht: Für ihn habe Origami etwas Meditatives, sagt er. „Es ist wie Stricken: Irgendwann machen die Hände das automatisch, ohne Hingucken, und dann kann man sich an Schwierigeres wagen.“ Rund 200 verschiedene Modelle hat der Monheimer inzwischen im Kopf. Faltet er einen einfachen Kranich, ist er in einer halben Minute fertig, für den Darkness Dragon benötigt er in der Regel fünf Stunden.
Origami kennt kein Alter
Nicht immer sei er so geduldig gewesen, das habe viel mit Origami zu tun, sagt der 46-Jährige, während er gerade passend für seine Paradiesblume ein Blatt faltet. „Ich glaube, man muss Spaß daran haben, eine Sache mehrfach zu tun“, meint er. Der Anfang sei oft schwer, aber dann komme man in einen Flow, „wie ein Läufer“. Das Schöne dabei sei, dass Origami kein Alter kenne – und nachweislich positive Wirkung habe. Laut Studien helfe es auch Menschen mit ADHS oder Neurodivergenz dabei, sich zu beruhigen und zu konzentrieren. „Und ich habe es immer in der Tasche dabei.“
Diese Vorzüge macht sich Thomas Klöck beruflich gerne zunutze – indem er junge Menschen für sein liebstes Hobby begeistert und so zu deren Entspannung beiträgt. Denn nach Stationen im Marketing und im Verlagswesen hatte der gebürtige Ratinger durch seine 2012 geborene Tochter Kontakt zu Kita und Schule – und in der Folge den Wunsch verspürt, wieder mit Kindern zu arbeiten. 2017 entschied er sich daher für eine Erzieherausbildung bei der Kaiserswerther Diakonie und arbeitete nach seinem Examen 2020 zunächst im Kita-Bereich. 2024 wechselte er dann in die Kleinstgruppe Leichlingen der Graf Recke Stiftung. „Ich wollte etwas Bleibendes schaffen – und nun begleite ich Jugendliche nach schwerem Lebensstart in die Selbstständigkeit.“ In der hochintensiven Betreuung hat er sein „Ikigai“ gefunden, wie die Japaner es nennen: die Kombination aus Leidenschaft, Mission, Beruf und Berufung.
Ich wollte etwas Bleibendes schaffen – und nun begleite ich Jugendliche nach schwerem Lebensstart in die Selbstständigkeit.






Dass Origami dabei ebenfalls eine Rolle spielt, steht außer Frage. Die Faltkunst, für die er die Grundlage aus Papier und Aluminium, zum Teil dreilagig verklebt, meist selbst herstellt, sei „inzwischen ein Teil von mir geworden“, bekennt er. Nur selten habe er es erlebt, dass sein Gegenüber das Falten als unhöflich empfunden habe. „Aber meine Frau freut sich schon auch, wenn ich das Papier mal zur Seite lege“, meint Thomas Klöck mit einem Grinsen. Dass seine Beharrlichkeit ihn über die Jahre zu einer beachtlichen Meisterschaft geführt hat, ist jedoch unbestritten: Auf Workshops gibt Klöck seine Kenntnisse inzwischen weiter, auf der MonArt in Monheim waren seine filigranen Kunstwerke 2025 erstmals zu sehen.
Die meisten Werke verschenkt er
Zuhause hält sich Thomas Klöck hingegen zurück. Die 1000 Kraniche haben ihren Platz in einem überdimensionalen Windlicht gefunden, ansonsten drapiert er aktuelle Stücke lediglich auf einem kleinen Tisch, andere werden aussortiert und in Kisten gepackt. Was der Origami-Mann nicht verkauft, auf Messen oder Basaren zum Beispiel, wird „zu 99 Prozent verschenkt“. Gerne lässt er seine Figuren auch irgendwo stehen, verrät er lächelnd. So wie heute im Café. Die Kellnerin, das ist offensichtlich, freut sich sehr über die unverhoffte Paradiesblume aus einem einzigen Stück Papier.
