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Die Menschen, die in den Senioreneinrichtungen der Graf Recke Stiftung begleitet werden, sind Teil einer Generation, die das Elend und die Wirren der Kriegs- und der Nachkriegszeit erlebt, aber selten gelernt hat, darüber zu sprechen. In Verbindung mit einer Demenz können solche Traumata extreme Wirkung entfalten, weiß Silke Steinke vom Kompetenzzentrum Demenz Schleswig-Holstein. Sie hat die Mitarbeitenden im Graf Recke Quartier Neumünster bei der Begleitung von Daniela Reinharts Mutter beraten.

»Wenn ich mich im Hier und Jetzt nicht mehr gut orientieren kann, bin ich auch nicht mehr in der Lage, mein Trauma zu regulieren«, erklärt Silke Steinke. »Wenn wir kognitiv gesund sind, können wir Traumainhalte meist gut verpacken.« Doch weil ein Mensch mit einer Demenz sich eine Situation nicht mehr über den Verstand erklären kann, können eigentlich harmlose Umstände für diese Menschen als akute Bedrohung empfunden werden.

 

Im Falle der Mutter von Daniela Reinhart kamen diverse Faktoren zusammen: der Umzug aus der gewohnten Umgebung, der Verlust des Ehemannes. »Wenn wir diese Menschen dann auch noch mit Nachdruck in Pflegehandlungen zwingen, nach dem Motto, wir müssen Sie jetzt mal waschen, dann können wir sie retraumatisieren«, sagt Silke Steinke. »Weil sie wieder die Ohnmachtserfahrung machen und nicht die nötigen Kapazitäten haben, um das zu verarbeiten.« Wer sich so schutzlos ausgeliefert fühlt, benötigt Menschen an der Seite, die sie »coregulieren«, erklärt die Pädagogin: »Diese Menschen müssen eine Grundsicherheit geben, Situationen schaffen, in denen die Betroffenen erst mal etwas Schönes erleben und Vertrauen fassen können: Hier passiert mir nichts Schlimmes.«

Die Grundpflege, das ist der zentrale Aspekt, könne in der Folge nicht immer so stattfinden wie sonst üblich. Dieser Druck müsse gerade den Pflegekräften genommen werden, betont Silke Steinke. »Das müssen dann alle Beteiligten aushalten, auch die Angehörigen.«  Für die Expertin steht daher fest: »Alle, die mit diesem Menschen zu tun haben, müssen sich einig sein und an einem Strang ziehen«, sagt sie. 

 

Das müssen dann alle Beteiligten aushalten, auch die Angehörigen

Silke Steinke

In der WG Heimathafen haben die Ansätze des Kompetenzzentrums Demenz offenbar gut funktioniert. Silke Steinke hat dafür viel Lob von der dortigen Belegschaft bekommen und gibt es gern zurück: »Es war toll zu sehen, wie die Mitarbeitenden bereit waren, sich darauf einzulassen und auch etwas auszuprobieren.«

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