Im Bann der Schnecke
Von Zeit zu Zeit besucht die Recke-Schnecke die Kita im Walter-Kobold-Haus in Wittlaer und beantwortet Kinderfragen. Dann geht es um die Geschichte der Graf Recke Stiftung, um Geburtstage oder auch um Pupse. Was als Aktion zum Stiftungsjubiläum 2022 gedacht war, hat sich längst etabliert. Ob die Handpuppe wirklich sprechen kann? Zumindest die Kleinsten sind sich sicher.
Der heimliche Star in der Maulwurfgruppe der Kita im Walter-Kobold-Haus ist grau, hat Fühler und trägt Brille. Zumindest zeitweise. Das ist kaum verwunderlich, ist der neue Freund der Kinder doch schon alt, sehr alt. 201 Jahre, um genau zu sein. Das zumindest haben sich die Verantwortlichen der Einrichtung der Graf Recke Stiftung in Düsseldorf-Wittlaer so ausgedacht. Auch ein Name für die Handpuppe war schnell gefunden: Recke-Schnecke heißt das niedliche Tier, das regelmäßig die Fragen der Kinder beantwortet.
An diesem Nachmittag drehen sich diese fast alle um die Recke-Schnecke selbst: „Hat eine Schnecke Haare?“, „Was ist alles in deinem Haus?“ und „Kann eine Schnecke eigentlich pupsen?“, lauten diese beispielsweise. Ja, Felix, Julius, Lennard, Lisa, Luisa, Rita und Thees, alle zwischen drei und sechs Jahre alt, wollen es ganz genau wissen. Maximilian Schneider, der heute der Handpuppe Leben einhaucht, muss all seine Fantasie aufbieten, um die gebannten Zuhörer mit seinen Antworten zufriedenzustellen, nachgeahmte Pupsgeräusche inklusive. Doch die Recke-Schnecke hat seit ihrem Einzug in die Gruppe im vergangenen Jahr durchaus schon handfestes Wissen vermittelt.
So alt wie der Stiftungsgründer
Das erdachte Alter ist kein Zufall. Man habe zum Jubiläum der Graf Recke Stiftung 2022 eine Möglichkeit gesucht, deren 200-jährige Geschichte kindgerecht zu vermitteln, erklärt die stellvertretende Kitaleiterin Maja Freitag. „Am Anfang hat uns die Recke-Schnecke immer wieder unsere Fragen beantwortet, die Schnecke und der Graf kannten sich ja persönlich“, erzählt sie, im Nebenberuf ebenfalls Schneckenbändigerin, mit einem Augenzwinkern. „Wir fanden es schön, eine Zeitzeugin zu haben und haben viel über die Stiftung gelernt.“ Die Handpuppe sei ein gutes Transportmittel gewesen, „um den Kindern zum Bespiel das Wort Stiftung nahezubringen“, ergänzt ihre Kollegin Inga Brandt. Und ganz nebenbei auch deren Werte.
Das Interesse der Kinder jedenfalls ist unübersehbar. Schon zu Beginn wollen alle das Tier einmal streicheln. „Ganz flauschig“ sei es, befindet Rita. „Ich finde die Schnecke so süß“, schwärmt Luisa. Und Julius will von ihr wissen, warum sie denn nicht mal ihr Haus auszieht, „dann wärst du eine Nacktschnecke“, wie er kenntnisreich anmerkt. Die Recke-Schnecke alias Maximilian Schneider findet auch dafür eine Erklärung. „Mein Haus nehme ich mit, weil ich viel unterwegs bin. Sonst müsste ich ja immer wieder umziehen.“ Julius nickt zufrieden.
Kindheitspädagoge Schneider gehört seit Februar zum Team in der Kita im Walter-Kobold-Haus, intern auch gern zur "Kita WKH" verkürzt, und schlüpft wie seine Kolleginnen gerne in die Rolle der Erklärschnecke. Mehr noch: Er hat weitere Puppen in die Maulwurfgruppe mitgebracht, einen Hasen, einen Igel und einen Bären. „Es ist eine ganz andere Gesprächsebene“, erklärt er deren Funktion. „Kinder sehen in der Regel nicht den Erwachsenen dahinter.“ Maja Freitag kann das bestätigen: „Manche Kinder kommen so mehr aus sich heraus“, so ihre Beobachtung. „Die Recke-Schnecke löst Blockaden.“
Zauber der magischen Phase
Das geschieht nicht ohne Grund: „Das ist der Zauber“, erläutert Kindheitspädagogin Inga Brandt. „Kann die Puppe sprechen oder nicht?“ Diese Frage stellen sich insbesondere Kleinkinder in der sogenannten „magischen Phase“, in der Regel zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr, wenn in der kindlichen Vorstellung alles möglich ist. Doch dieses magische Denken lasse nach, wie man dies in den Entwicklungsberichten auch festhalte und somit für jedes einzelne Kind nachvollziehen könne, sagt Maja Freitag. Die Freude am Puppenspiel wird dadurch nicht geringer. „Das geht uns Großen ja genauso“, meint sie.
„Die Recke-Schnecke löst Blockaden.“
Und so machen sich die Fachkräfte die Faszination der Puppen immer wieder zu zunutze, wenn etwa bei Ernährungsfragen Professor Knusper, ebenfalls eine Schnecke, und die zerzauste Maus Flausi zum Einsatz kommen. Diese ist aufgrund ihres ungesunden Fressverhaltens „nicht unbedingt fit“, wie Maja Freitag mit einem Schmunzeln anmerkt. Durch die Tipps des schlauen Professors aber ändert sich das – und schwupps, haben die Kitakinder durch die Maus etwas für ihr eigenes Leben mitgenommen.
Und so kommt auch die Recke-Schnecke im Jahr eins nach dem Jubiläum in der Kita WKH immer wieder zum Einsatz, in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen. Beim letzten Mal hatte man gemeinsam ausgerechnet, dass alle Kinder aus der Maulwurfgruppe zusammen genommen viel jünger sind als die Schnecke. „91 Jahre“, erinnert sich Julius. Doch das habe sich inzwischen geändert, bestätigt Erzieherin Freitag. Warum? „Lisa hatte Geburtstag!“, rufen die Kinder plötzlich durcheinander. Jünger ist man jetzt immer noch, aber auf mehr als 200 Jahre kommen die Maulwürfe nur gemeinsam mit den Erwachsenen.
Zwillingsschnecke in der Kita Kirche
Diese werden sich zweifellos wieder ein spannendes Thema ausdenken, zu dem die Recke-Schnecke in ihrer altersbedingten Weisheit bei ihrem nächsten Auftritt Auskunft geben kann. Bis dahin müssen sich die kleinen Fans aber in Geduld üben. Die Schnecke komme in ganz unterschiedlichen Abständen zu Besuch, sie sei ja zudem in der anderen Wittlaerer Kita unterwegs, betont Maja Freitag. „Das sagen wir zumindest den Kindern“, verrät Inga Brandt leise. Denn tatsächlich gibt es in der Kita Kirche, schräg gegenüber, eine Zwillingsschnecke.
Arbeiten in den Graf-Recke-Kitas
Die Stiftungstochter Graf-Recke-Kindertagesstätten gGmbH betreibt zum 1. August 17 Kindertagesstätten in Düsseldorf, Mülheim an der Ruhr, Kamp-Lintfort, Moers, Hilden, Haan, Ratingen und Bad Salzuflen. Die Kindertagesstätten bieten zahlreiche interessante Karriereoptionen für Erzieherinnen und Erzieher, aber auch viele andere Berufsbilder.