Abschied am Umzugstag
24 weitere Bewohnerinnen und Bewohner mit schwerer Demenz aus dem Haus Ahorn bezogen vor kurzem das neu errichtete Ahorn-Karree der Graf Recke Stiftung im Dorotheenviertel Hilden. Doch mitten im Umzug geschah Dramatisches: Eine Kollegin brach vor Ort zusammen und starb kurz darauf. Der Schock sitzt laut Quartiersmanagerin Alexandra Czenia-Kunz im Team noch immer tief. Eine gemeinsame Abschiedsfeier und die seelsorgerische Betreuung durch Stiftungspfarrer Dietmar Redeker gaben den Pflegekräften ein wenig Halt. Und auch die Atmosphäre in den kleinen Wohngemeinschaften hilft.
Es sollte ein großer Tag werden, ein Tag der Freude: 24 weitere Bewohnerinnen und Bewohner mit schwerer Demenz ziehen vom alten Haus Ahorn im Dorotheenviertel Hilden in das im September eröffnete Ahorn-Karree gleich nebenan. Die Taschen waren gepackt, die Mitarbeitenden standen parat – und wurden jäh aus ihren Vorbereitungen gerissen. Ohne jede Vorwarnung war eine 63-Jährige Kollegin an jenem Vormittag auf einem Balkon der Einrichtung zusammengebrochen, sie starb trotz sofortiger Wiederbelebungsmaßnahmen und notärztlicher Versorgung wenig später im Krankenhaus. Aus dem geplanten Tag der Freude wurde ein Tag der Betroffenheit und der Trauer.
„Es war für alle ein riesengroßer Schock, es kam aus dem Nichts“, berichtet Alexandra Czenia-Kunz, Assistentin Geschäftsbereichsleitung und Quartiersmanagerin im Dorotheenviertel Hilden, eine gute Woche nach dem tragischen Vorfall. Denn tatsächlich habe auch für die verstorbene Kollegin, die seit rund einem halben Jahr im Haus Ahorn als Pflegassistentin tätig war, an jenem Tag etwas Neues beginnen sollen. Die 63-Jährige war offiziell gar nicht im Dienst, stattdessen sollte wenig später auf dem Campus ihre Ausbildung zur Präsenzkraft beginnen. Sie habe sich so sehr darauf gefreut und sei deshalb extrem gut gelaunt gewesen an diesem Morgen, sagt Czenia-Kunz. „Das ist das einzige, was uns alle ein wenig tröstet. Dass sie kurz vor ihrem Tod so glücklich war.“

Bei allen beliebt
Was bleibt, sei die Erinnerung an eine Kollegin, die laut Pflegedienstleiterin Oksana Aleksejew bei allen sehr beliebt war. Sie sei stets so positiv gewesen, obwohl sie erst kurz vor ihrem Start bei der Graf Recke Stiftung ihren Mann verloren hatte. Seitdem hatte sie alleine ihren erwachsenen Sohn mit einer geistigen Behinderung betreut. Eine Mitarbeiterin, die sich mit ihr angefreundet hatte, kümmere sich derzeit um ihn, sagt Alexandra Czenia-Kunz. Und doch werde das Erlebte alle noch lange beschäftigen. Etwas Halt gaben laut der Quartiersmanagerin jedoch die tröstenden Worte von Stiftungspfarrer Dietmar Redeker bei einer Abschiedsfeier, die man wenige Tage später am früheren Arbeitsplatz der Verstorbenen ausgerichtet hatte. Bereits am Tag des schrecklichen Vorfalls war Redeker als Seelsorger vor Ort im Dorotheenviertel in Hilden. „Das tat dem gesamten Team gut.“
Denn dieses hatte laut Alexandra Czenia-Kunz die schwierige Aufgabe, den lange vorbereiteten Umzug über die Bühne zu bringen, „zum Wohle unserer Bewohner“. Unterstützt von Kolleginnen und Kollegen der benachbarten Häuser Buche und Linde hätten sie das auch getan, erzählt sie. „Hochprofessionell, auch wenn das Herz gepocht hat.“ Die Bewohnerinnen und Bewohner indes hätten von den Umständen, auch aufgrund ihrer Demenz, wohl überhaupt nichts mitbekommen. Diese vor solchen Dingen abzuschirmen, darin seien die Pflegekräfte geschult, erklärt sie. Und so sei der Tag, an dem für alle ja etwas anderes Entscheidendes passiert ist, äußerst ruhig verlaufen. Wie bereits beim ersten Umzug, als im September 2023 zunächst 53 Bewohnerinnen und Bewohner die Häuser 3 A bis D bezogen hatten.

Das gilt nach Aussage von Pflegedienstleiterin Aleksejew auch für die erste Nacht im neuen Zuhause in den Häusern 4 A und B. Alle hätten durchgeschlafen, der erste Bewohner sei erst gegen acht Uhr wach geworden, berichtete sie Alexandra Czenia-Kunz. Diese führt das auch auf die angenehme Atmosphäre in den kleinen Wohngemeinschaften im Ahorn-Karree zurück. Jene seien nach Milieus ausgerichtet, die man gemeinsam mit dem Sinus-Institut entwickelt habe, und dem jeweiligen Lebensgefühl seiner Bewohnerinnen und Bewohner entspricht. Neben dem so genannten konservativ-etablierten Milieu biete das Haus 4 nun auch einen postmateriellen Lebensstil an, in dem Selbstbestimmung und -entfaltung eine so große Bedeutung hat wie etwa Kunst und Kultur.
Näher am Menschen
Doch auch für die Kolleginnen und Kollegen ist es ein anderes Arbeiten, als im Haus Ahorn, in dem jetzt noch 20 Menschen leben, die später ebenfalls umziehen werden, sagt die Quartiersmanagerin. „Näher am Menschen, mit intensiverem Kontakt.“ Die offene Küche in jeder Wohneinheit beispielsweise biete Raum für die gemeinsame Verrichtung alltäglicher Dinge, vom Tisch decken bis zum abendlichen Brettspiel. Das sei ja auch etwas, was die Teams noch näher zusammenführe. „Das Besondere ist, dass man das Haus gemeinsam mit Leben füllt“, meint Alexandra Czenia-Kunz. „Und es wird niemand jemals vergessen, dass ein Mensch dabei für immer fehlen wird.“