Strategien für eine bessere Welt

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Seit September 2024 leitet Eva Lunkenheimer die neu geschaffene „Stabstelle Nachhaltigkeit“ der Graf Recke Stiftung. Aufgabe der 38-Jährigen ist es, eine Strategie zu entwickeln, um ökonomische, ökologische und soziale Ziele eines diakonischen Unternehmens in Einklang zu bringen – und möglichst viele für die Ideen zu begeistern. Eine anspruchsvolle Aufgabe, dessen ist sie sich bewusst. Doch insbesondere der Artenschutz liegt der Diplom-Biologin am Herzen. „Es geht um unsere Existenzgrundlage“, sagt sie.

Eva Lunkenheimer freut sich sehr über ihre neue Aufgabe, gar keine Frage. Diese zu erläutern, ist allerdings gar nicht so leicht, dafür ist sie einfach zu komplex. Es geht um Umwelt- und Klimaschutz genauso wie um soziale Gerechtigkeit und Diversität, um Kreislaufwirtschaft, EU-Richtlinien oder ein wertschätzendes Unternehmensklima. Kurzum: Seit einem dreiviertel Jahr leitet die 38-Jährige die „Stabsstelle Nachhaltigkeit“ der Graf Recke Stiftung und ist als solche damit befasst, ökonomische, ökologische und soziale Ziele eines diakonischen Unternehmens in Einklang zu bringen. Es geht um nicht weniger als Ideen und Strategien für eine bessere Welt.

Dafür hat Eva Lunkenheimer sogar ihre Stelle als stellvertretende Leiterin des Referats für Kommunikation und Kultur (KuK) der Stiftung, für das sie seit 2019 tätig war, aufgegeben. „Schweren Herzens, weil ich das Team und die Themen sehr schätze“, wie sie bekennt. Andererseits hatte die Diplom-Biologin seit 2022 mit einem kleinen Stellenanteil bereits als Nachhaltigkeitskoordinatorin gewirkt, zudem studierte sie berufsbegleitend an der TU Kaiserslautern einen Weiterbildungsstudiengang im Bereich Nachhaltigkeit. Im Mai 2024 hat Lunkenheimer diesen mit einem Master abgeschlossen, für September 2024 war vom Stiftungsvorstand die Stabstelle Nachhaltigkeitsmanagement geschaffen worden. Und so war es für sie nur folgerichtig, sich um diese zu bemühen – mit Erfolg.

Nachhaltigkeit aus „intrinsischer Motivation“

Dem Vorstand sei das Thema stets wichtig gewesen, sagt Eva Lunkenheimer. Das sei bereits beim Jahresthema 2020 unter dem Motto „Zukunftskunst“ deutlich geworden, aber auch in nachfolgenden Workshops zum Thema. Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) der Vereinten Nationen, die die Bereiche Wirtschaft, Soziales und Umwelt gleichermaßen im Blick haben, seien die Richtlinie. „Hinzu kamen regulative Anforderungen durch die EU“, erklärt sie. Auch wenn diese zuletzt zurückgefahren wurden, ein Nachhaltigkeitsbericht für die Stiftung etwa nicht, wie zunächst vorgesehen, Anfang 2026, sondern erst 2028 verpflichtend wird, habe es an der Bedeutung des Themas bei den Verantwortlichen nie einen Zweifel gegeben. Sie spricht von „intrinsischer Motivation“, allein aus dem christlichen Weltbild heraus: der Bewahrung der Schöpfung.

Die ersten Monate war Eva Lunkenheimer vor allem damit beschäftigt, eine Wesentlichkeitsanalyse zu erstellen, „um erst einmal festzustellen, welche Nachhaltigkeitsaspekte für uns in der Stiftung eigentlich wesentlich sind“. Die Analyse wird nach Fertigstellung nicht nur die Grundlage für den späteren Nachhaltigkeitsbericht bilden, sondern auch das eigene Nachhaltigkeitsverständnis. Die Ausarbeitung sei ein guter Lernprozess, sagt die Stabstellenleiterin. „Wo liegen unsere Abhängigkeiten, und wo können wir Dinge beeinflussen?“, das seien die zentralen Fragen.

Wo liegen unsere Abhängigkeiten, und wo können wir Dinge beeinflussen?

Eva Lunkenheimer

Ganz bedeutend ist für Eva Lunkenheimer dabei der soziale Aspekt der Nachhaltigkeit. Gerade als diakonischer Arbeitgeber sei man gefordert, gute Arbeitsbedingungen für die eigenen Mitarbeitenden zu schaffen. „Nicht nur wegen des Fachkräftemangels, auch aufgrund unseres Selbstverständnisses“, betont sie. Zudem wirke die Stiftung unter diesem Aspekt erkennbar in die Gesellschaft hinein. „Etwa durch unsere Quartiere, das Prinzip der Sozialraumorientierung oder die Förderung von Teilhabe“, macht sie deutlich.

In diesem Bereich, so viel stehe bereits fest, sei die Graf Recke Stiftung „schon richtig gut“, sagt die 38-Jährige. Viele, das habe sie aus zahlreichen Gesprächen erfahren, verstehen unter Nachhaltigkeit aber vor allem ökologische Themen, die Schonung von Ressourcen oder die Beschränkung von Konsum etwa. „Was ja auch richtig ist“, meint Lunkenheimer. Und in der Tat erkennt sie kurz vor Abschluss ihrer Analyse in diesem Bereich tatsächlich das größte Potenzial. „Daran arbeiten wir jetzt.“

Biologische Vielfalt liegt ihr am Herzen

Im Zentrum stehe dabei der Klimaschutz aufgrund des Energieverbrauchs in den vielen Gebäuden und durch den Fuhrpark, sagt Eva Lunkenheimer. In einem Pilotprojekt, das derzeit im Seniorenzentrum Zum Königshof in Düsseldorf-Unterrath läuft, sei man da schon gut vorangekommen. CO₂-Reduzierung ist allerdings nur ein Aspekt. „Ein anderer Punkt ist die biologische Vielfalt, weil wir eben auch viele Flächen haben“, sagt sie. Gerade ihr als Biologin liege das sehr am Herzen. Mögliche Maßnahmen wären etwa Entsiegelung von Flächen oder insektenfreundliche Bepflanzungen. Das dramatische Artensterben sei bei den meisten weit weniger im Bewusstsein als etwa die Klimakrise, hat sie festgestellt. Zu Unrecht, wie sie meint. Es gehe „um unsere Existenzgrundlage“. 

Und so sieht Eva Lunkenheimer die Umweltbildung als einen weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit. „Ein dankbares Thema“, wie sie findet, da fast alle Menschen irgendeinen Bezug zur Natur haben. Da man innerhalb der Stiftung viel mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeite, könnten diese „ganz anders geprägt werden für dieses Thema“. Doch auch für Mitarbeitende sei sie Ansprechpartnerin, ganz gleich ob diese Fragen haben, Kritik äußern oder Ideen rund um das Thema einbringen wollen. Durch die hausinterne recke:app verfüge man nun über eine gute Austauschmöglichkeit, sagt sie. Zudem koordiniert Lunkenheimer eine eigens gegründete Steuerungsgruppe „Nachhaltigkeit“, der Vertreterinnen und Vertreter aller Geschäftsbereiche und Tochtergesellschaften angehören.

Es sei ein weites Feld, das ist Eva Lunkenheimer bewusst, zudem aufgrund der sich verändernden Vorgaben von EU und Bundesregierung „hochdynamisch“. Mit Nachhaltigkeitsbeauftragten anderer Sozialunternehmen habe sie daher mittlerweile ein starkes Netzwerk aufgebaut, bei bestimmten Themen arbeite man bundesweit zusammen, Wissen werde geteilt.

Ihre Aufgabe sei es nun, in enger Zusammenarbeit mit dem Vorstand und den Geschäftsbereichen, für die Graf Recke Stiftung eine Strategie mit den übergeordneten Zielen zu entwickeln. Das Papier soll nach Veröffentlichung als Richtschnur für alle Bereiche gelten. Es gehe darum, im Haus eine entsprechende Haltung zu entwickeln. „Es gibt immer Dinge, die man machen kann, ohne dass es wehtut“, glaubt sie.

Es gibt immer Dinge, die man machen kann, ohne dass es wehtut.

Eva Lunkenheimer

Den Menschen die Natur näherbringen

Und so sieht sich Eva Lunkenheimer in ihrer Position an genau der richtigen Stelle. Eine Überraschung ist das nicht, die gebürtige Rheinhessin war schon immer im Naturschutz engagiert, hat etwa in Peru und Costa Rica in Projekten mitgearbeitet oder in der Schutzstation Wattenmeer. „Es ging dabei auch immer darum, die Natur den Menschen näherzubringen“, sagt sie. Das sei jetzt ganz ähnlich. Schöner Nebeneffekt: Um ihre Themen intern und extern zu setzen, arbeitet sie intensiv mit ihren früheren Kolleginnen und Kollegen aus der Unternehmenskommunikation zusammen. Das machte ihr den Abschied aus dem Team ein klein wenig leichter.

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