Verbunden seit Generationen

|

Sein Ururgroßvater überließ den Gründern von Grünau einst das Land für ein »Rettungshaus«. Heute steht Albrecht Nacke für die 175 Jahre andauernde Verbindung zwischen seiner Familie und der heutigen Jugendhilfe Grünau. Auf seinem Hof gehen Grünauer Kinder und Jugendliche ein und aus.

Der Weg zum Hof der Familie Nacke ist holprig, aber viel befahren. Zwischen Wohnhaus und Wirtschaftsgebäuden stehen für einen landwirtschaftlichen Betrieb überraschend viele Autos. Erntehelfer? Um diese Jahreszeit, im Januar, wohl kaum. Das Wohnhaus reckt sich hoch zur Rechten. Über eine mächtige Treppe erreicht man die Eingangstür. Es öffnet Albrecht Nacke. »Wenn der Hof voll mit Autos steht, ist Unterricht«, erklärt der Hausherr.

Unterricht? Auf einem Bauernhof im Bad Salzufler Ortsteil Ehrsen? Ja, denn der Hof der Familie Nacke ist ein besonderer. Nicht nur wegen seiner langen Geschichte als »ein vornehmer Hoff« in Ehrsen, wie man in einem Zitat von 1612 in der eigens von der Familie Nacke in Auftrag gegebenen Chronik nachlesen kann. Sondern vor allem wegen seiner ganz besonderen Verbindung zur Jugendhilfe Grünau.

Vom Hof zum Gelände der Jugendhilfe Grünau sind es nur ein paar Hundert Meter über die Mittelstraße, die sich durch kleine Ortschaften und über malerische Hügel in Ostwestfalen-Lippe schlängelt. 1849 war es Simon August Nacke, der Ururgroßvater von Albrecht Nacke, der dem neu gegründeten Verein »zur Rettung verwahrloster Knaben« ein fast zwei Hektar großes Areal »zu guten Konditionen für 500 Taler« verkaufte, wie es in der erwähnten Chronik heißt.

Schule im Düngerschuppen

Die Verbindung zwischen »Anstalt«, »Kinderheim« oder »Jugendhilfe«, wie die Einrichtung über die Jahrzehnte genannt wurde, und Hof Nacke riss nie ab. Bis heute. Und seit gut 20 Jahren gehen auch Kinder aus Grünau hier fast täglich ein und aus. Etwa in der »Schulstation«, einer Kooperation zwischen dem Kreis Lippe als Schulträger und der Jugendhilfe Grünau. 24 junge Menschen aus Grünau lernen auf dem Gelände im umgebauten Düngerschuppen. Schule auf dem Bauernhof: Für die Kinder und Jugendlichen, für die selbst die Unterstützung einer Förderschule nicht ausreicht, ist das eine besondere Lernumgebung. Neben der Schulstation nutzte auch viele Jahre die heilpädagogische Tagesgruppe Grünau den Hof.

Hier wurde etwas geschaffen für den Erhalt für kommende Generationen.

Albrecht Nacke , Hofbesitzer

Stiftungszweck ist die Unterstützung der Arbeit mit den Kindern. Die Stiftung Grünau erfüllt diese Vorgabe seit gut zehn Jahren auch als Eigentümerin der Gebäude auf dem Gelände der Jugendhilfe. Damals übernahm sie das Immobilienmanagement vom alten Träger, dem Ev. Johanneswerk e. V. in Bielefeld. »Die Rolle der Stiftung hat sich dadurch verändert«, sagt ihr Vorsitzender. Doch als der Betrieb der Jugendhilfe Grünau 2017 von der Graf Recke Stiftung übernommen wurde, erwies sich genau diese Konstellation als eine günstige. Die Stiftung Grünau als Vermieterin, die Tochter der Stiftung, die Graf Recke Pädagogik gGmbH, als Betreiberin – gemeinsam erfüllen sie den Zweck im Sinne der Gründer.

»Früher hatte ich drei Hüte auf: Vermieter, Vorsitzender der Stiftung und des Fördervereins«, sagt Albrecht Nacke. Beim Hofrundgang trägt er eine Schiebermütze, der sinnbildlichen Hüte sind es aber immer noch zwei. Den Hut des Vermieters auf dem Hof hat Hofnachfolger Matthias übernommen. Den Fördervereinsvorsitz hat Albrecht Nacke noch inne. »Der Förderverein macht das, was Großeltern machen.« Soll heißen: Während die Stiftung sich um das Notwendige kümmert, sorgt der Förderverein für schöne Geschenke, ermöglicht kulturelle, soziale und sportliche Aktivitäten. Großvater Nacke weiß, wovon er spricht: Als Opa hat er für seine Enkel eine lange Rutsche auf der großen Wohnhaustreppe installiert.

recke:in 1/2024 zum Thema

Unser Unternehmensmagazin recke:in beschäftigt sich in der jüngsten Ausgabe mit dem Jubiläum der Jugendhilfe Grünau. Das ganze Heft zum 175-jährigen Bestehen der Einrichtung der Graf Recke Pädagogik gGmbH in Bad Salzuflen können Sie hier online lesen:

recke:in auf recke-on.de

Gedeihliches Miteinander

Für die Kinder und Jugendlichen in Grünau gibt es einen Bolzplatz und Spielgeräte auf dem Hof, außerdem Kletterbäume und Verstecke. »Früher war der Hof voll mit Viechern«, erzählt Nacke. Kühe und Schweine gibt es schon lange nicht mehr. Als reiner Ackerbaubetrieb würden die vielen Nebengebäude landwirtschaftlich deutlich weniger genutzt, sagt Albrecht Nacke. Umso glücklicher sei er, dass die Kinder aus Grünau da seien. »Dadurch ist hier richtig Leben und jeden Tag was los.« Wie zur Bestätigung rufen ihm Kinder, die gerade auf dem Bolzplatz kicken, ein vielstimmiges »Hallo, Herr Nacke« zu. Der grüßt freundlich zurück und lächelt: »Es ist ein gedeihliches Miteinander.«

Und das seit 175 Jahren.

recke:newsletter

Was wir bewegen. Was uns bewegt: News und Storys aus der Graf Recke Stiftung.

Jetzt abonnieren